10 Jahre Operation „Düstere Zukunft“

"Diese Aktion der Landesregierung kam vollkommen unvorbereitet über uns. Das war die erste große Herausforderung nach meiner Wahl zum ersten Kreisbeigeordneten“, ruft sich Thomas Will, SPD-Kreisvorsitzender, mit ernstem Blick seine Reaktion auf die Operation „Düstere Zukunft“ ins Gedächtnis. Für ihn und seine beiden SPD-Mitstreiter Gerald Kummer (Landtagskandidat im Südkreis Groß-Gerau) und Jens Grode (Landtagskandidat für den Nordkreis Groß-Gerau) war der heutige zehnte Jahrestag der Landesinitiative der Anlass, ein Positionspapier zu formulieren, das im Groß-Gerauer Hotel Adler im Rahmen eines Pressegesprächs vorgestellt wurde.
Am 16. September 2003 hatte die hessische Landesregierung mit der Operation „Sichere Zukunft“ beschlossen, Mittelzuweisungen für soziale Verbände und karitative Einrichtungen in erheblichem Umfang zu kürzen. Dem stellen die drei Sozialdemokraten die Forderungen nach einem „Landes-Aktionsprogramm zur Armutsbekämpfung“ sowie einem „Landes-Sozialbudget, das die soziale Infrastruktur in Hessen und auch im Kreis Groß-Gerau absichert“ entgegen. Mit diesem müsse die unter Ägide der hessischen Landesregierung beseitigte soziale Infrastruktur gemeinsam mit den Betroffenen, Wohlfahrtsverbänden und Kommunen wieder aufgebaut und ein neues soziales Netz für Hessen geknüpft werden, so die Forderungen der Genossen im Positionspapier.
Thomas Will erläutert die Hintergründe: „Damals standen die betroffenen Verbände bei uns auf der Matte und hatten massive Ängste, sie müssten ihren Laden komplett dicht machen. Da war massive Verunsicherung zu spüren“. Allein im Kreis Groß-Gerau hätten die Kürzungen über 1,4 Millionen Euro betragen und 30 Einrichtungen betroffen. „Von heute auf morgen waren 50 Fachkräfte nicht mehr abgesichert, 38 Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose wären weggefallen. Wir können den Verantwortlichen im Kreistag seinerzeit danken, dass sie den großen Zusammenbruch verhindert haben“, stellt er die Konsequenzen der Landesinitiative dar. Die Landeskürzungen hätten zu schmerzlichen Einschnitten geführt. Diese seien noch heute bei den Verbänden spürbar.
„Wir dürfen diesen sozialen Kahlschlag niemals vergessen. Damals ging es ans Eingemachte, ohne Rücksichtnahme auf die kommunale Familie der Kreise, Städte und Gemeinden. Es war und ist der falsche Weg, bei Beratungsangeboten zu kürzen. Das verlagert das Problem nur in die Zukunft“, kritisiert auch Gerald Kummer die Operation der Landesregierung. Ein Land dürfe sich nicht zu Lasten der kommunalen Familie aus der Affäre ziehen. „Es hat mit Nachhaltigkeit nichts zu tun, wenn in diesen Bereichen gekürzt wird und die schlimmen Folgen auf sozialer und letztlich auch finanzieller Ebene einfach ausgeblendet werden. Allein auf das liebe Geld zu schauen und die gesellschaftlichen Folgen außer Acht zu lassen, bedeutet, politisch auf einem Auge blind zu sein“.
Ähnlich lautende Kritik äußert Jens Grode: „Schwarz-gelb war sich absolut bewusst, dass die SPD-geführten Kommunen das Ganze ausbügeln werden. Das ist stillos und nicht in Ordnung.“ Gleiches gelte für den Umgang mit den betroffenen Einrichtungen. „Die schwarz-gelbe Landesregierung hat es billigend in Kauf genommen, dass die Kürzungen diejenigen treffen, die die sozialen Angebote am meisten benötigen. Das war ein Angriff auf den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft.“ Auch die Art und Weise habe ihn überrascht, gibt der Rüsselsheimer zu erkennen: „Das wurde ‚par ordre du mufti’ von oben herab entschieden, ohne vorher mit den Betroffenen in Dialog zu treten. Das ist kein akzeptabler Politikstil.“ Bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag hätten die Wählerinnen und Wähler die Chance, hier für Abhilfe zu sorgen.